Aus Kunststoff wird Kunst-Stoff

Am Anfang stand der Spaß. Durch zahlreiche Ausstellungen in ganz Deutschland sammelte sich in Michael Strogies‘ Atelier eine beträchtliche Menge an Verpackungsmüll an – vor allem Wellpappen und Plastikfolien, oft so miteinander verbunden, dass sie kaum zu trennen waren. Eines Tages kam dem Künstler eine Idee: Warum nicht das Material der Verpackung genauso nutzen wie den Inhalt, um Nachhaltigkeit auf eine neue Ebene zu heben?

Was zunächst als anarchischer Gedanke begann – der Versuch, der Kunst ihren elitären Touch zu nehmen, indem man statt kostbarer Materialien wie Pigmente oder Gold auf Abfall setzt – entwickelte sich schnell zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Thema. Es entstanden Collagen, die zunächst als Hintergründe für Fotoshootings dienten. Doch je mehr Strogies mit dem Material arbeitete, desto mehr entdeckte er die Vielfalt und die unterschiedlichen Eigenschaften der Kunststoffe.

Im nächsten Schritt ging Strogies in die dritte Dimension und begann, Skulpturen aus dem gesammelten Material zu bauen. Es entstanden Säulen, die irgendwo zwischen Bäumen und menschlichen Figuren angesiedelt waren. Diese „Bäume“ bepflanzte er konsequenterweise und schuf auch menschliche Figuren, die er liebevoll „Trash-Zombies“ nannte. Diese Werke fanden ihren Höhepunkt in der Ausstellung „Kunst-Stoff-Raum“ im Erlebnis-Zoo Hannover

Abfall als Spiegel unserer Gesellschaft

Neben der künstlerischen Gestaltung interessierte Strogies auch der psychologische Aspekt von Abfall. Gespräche mit Experten aus der Recycling-Branche zeigten, dass das Problem der Kreislaufwirtschaft weniger im System selbst, sondern vielmehr beim Konsumenten liegt – dem schwächsten Glied in der Kette. In seiner Arbeit spürte Strogies diesem Phänomen nach und stellte fest, dass der Einsatz von Plastikmüll in der Kunst stark polarisiert. Viele Menschen reagieren mit Angst oder Ablehnung, obwohl Acrylfarbe in der Kunst längst etabliert ist und letztlich auch nur ein Kunststoff ist.

Trashmates als Wegbegleiter

Aus diesen Erkenntnissen entstand die Idee zu den „Trashmates“. Wenn die Menschen bereits wissen, worum es geht, braucht es keine erhobenen Zeigefinger mehr, sondern eine freundliche, witzige Erinnerung im Alltag. Strogies ist überzeugt, dass nicht Katastrophendrohungen zu einer Verhaltensänderung führen, sondern positive Visionen und die Freude an einem Leben ohne Probleme. Wie ein Raucher, der plötzlich die Blumen wieder riecht und die Luft zum Joggen genießt.

Die „Trashmates“ (mate = englisch für Gefährte, Kumpel) sind Figuren, die aus Verpackungsmüll gebaut und im öffentlichen Raum platziert werden – also dort, wo der Konsum stattfindet. Sie sollen auf charmante und provokative Weise zum Nachdenken anregen. Strogies vergleicht sie gerne mit den Stolpersteinen in unseren Innenstädten, die uns kurz an unsere Geschichte erinnern. So werden die Trashmates zu alltäglichen Begleitern, die uns spielerisch an die Verantwortung erinnern, die wir für unseren Planeten tragen.